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Guha.ch

Bekenntnis von

Karl Radio von Radiis
als Künstler anlässlich der 

 Gemälde Ausstellung am 25. Oktober 1979  in der

 Galerie Richard P. Hartmann
Franz-Joseph-Strasse 20,   München

„Schön sei hässlich, hässlich schön!“ Wie wenn Shakespeare vor vierhundert Jahren geahnt hätte, trifft dieses Hexenwort aus „Macbeth“ in erstaunlicher Weise eine weit verbreitete Tendenz und Geisteshaltung unserer Zeit. Der Mensch soll gegen seine Natur „umerzogen“ werden, sein Gefühl, seine natürliche Empfindung sollen dogmatisch verändert werden.

Und doch glaube ich, dass es ausser dem Gebot der Stunde, dem „dernier cri“ der Tagesmode, noch ein Gebot auf längere Sicht gibt, dem wir uns letzen Endes nicht entziehen können. Diktatoren und Majoritäten können es für gewisse Zeit unterdrücken, verfälschen, vulgarisieren, entstellen oder pervertieren. Aber ausser Kraft setzen können sie es nicht. Denn die Subtanz, aus der wir leben, bleibt unverändert. Sie überdauert alle Zeiten. Wie gross oder wie klein die Kräfte des Einzelnen sein mögen, er wird immer sein Bestes geben, wenn er sich eins fühlt mit den gestaltenden, formschaffenden Kräften der Natur, deren tausendfältiges Zusammenspiel das Bild der Welt erzeugt. Sie zu bejahen, sich ihnen anzuvertrauen und ihnen nach bestem Vermögen zu folgen, ist, wie ich glaube, der einzige Weg, den der künstlerisch schaffende Mensch sich selbst gegenüber verantworten kann. Es ist jedenfalls der Weg, dem ich folge.