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Kommentar von A.W. zur Gemäldeaustellung von

Karl Radio de Radiis
am 25. Oktober 1979

in der

Galerie Richard P. Hartmann
Franz-Joseph-Strasse 20,   München

Karl Radio de Radiis ist ein Maler der gegenständlichen Richtung. Schon seine Nähe zur mittelmeerischen Kultur lässt ihm, dem geborenen Wiener und zur Schule gegangenen Münchner, keine andere Wahl.

Ein Bekenntnis zum Gegenstand, zur objektiven Bedeutung der Dinge ist, anders als vor 120 Jahren, als es noch eine Selbstverständlichkeit war, heute eine Ausnahmehaltung. Nicht mehr gestützt auf den Beifall Unzähliger und das Beispiel Erlesener, muss der heutige Künstler, der sich mit der natürlichen Erscheinung der Dinge auseinandersetzt, einen schmalen Pfad wandeln. Nur die ständige Selbstkontrolle und eine nimmermüde Wachsamkeit können ihm die Richtung weisen. Ausstellungen wie diese von Karl Radio dienen daher nicht zuletzt dazu, die jüngst zurückgelegte Wegstrecke kritisch zu beleuchten und dem Künstler selbst einen Überblick ber seinen bisherigen Weg zu verschaffen.

Uns scheint, dass er keinen Umweg gegangen ist, seit er in München das letzte Mal ausgestellt hat. Der Weg weißt eindeutig auf eine Verfeinerung der Bildstruktur und auf eine Sublimierung der farbigen Brandbreite. Picasso äusserte einmal, dass er Matisse höher stelle als Bonnard  (zum Beispiel). Denn Matisse bestimme selbst, welche Farbe an welcher Stelle seines Bildes stehen solle, er lasse sich das nicht vom Naturbild diktieren. Matisse mal an derselben Stelle ein Rosa, obwohl der Himmel blau sei.

Heute würden wir diese Problematik, die Picasso mit genialem Spürsinn aufgegriffen hat, schon wieder von einer anderen Seite sehen. Karl Radio malt vorzugsweise innerhalb der natürliche Farbskala, er steht Bonnard näher als Matisse, einem Pisarro näher als etwa einem Vlaminck. Er akzeptiert ein Grün auch wenn es „vorgegeben“ ist, er verwendet ein Braun, das an dieser Stelle steht. Aber seine Aktivität und sein Kritizismus konzentrieren sich  auf die Feingrade nach der Festlegung des Hauptwertes, auf die Nuancen, die nah dem Erklingen der Farbdominante zu finden sind. Für den Maler ist eine Arbeit an sich selbst. Die neuen Bilder von Karl Radio de Radiis beweisen dies. Sie tragen bei zu dem Begriff, den wir „Malkultur“ nennen.